Gewaltloser Widerstand funktioniert besser. Warum?
04. Nov 2016
Maria Stephan und ihre Kollegin Erica Chenoweth kamen in ihrer Studie zu einem eindeutigen Schluss: Gewaltloser Widerstand gegen einen starken Gegner (damit kann auch eine herrschende Militärmacht gemeint sein) erzielte doppelt so häufig Erfolge als bewaffneter Widerstand.
Sie untersuchten 323 gewaltsame und gewaltfreie Kampagnen gegen etablierte Regime und Besatzung in der Zeit von 1900 bis 2006. Bei den genannten politischen Zielen stellte sich heraus, dass von den gewaltfreien Kampagnen 54% erfolgreicher waren, aber nur 27% der gewaltsamen Kampagnen.
Warum ist gewaltloser ziviler Widerstand so viel erfolgreicher als Gewalt? Kurz gesagt: weil daran mehr Menschen beteiligt sind. Durchschnittlich haben gewaltfreie Kampagnen elf Mal mehr Teilnehmende als bewaffnete Kampagnen. Bei gewaltfreien Kampagnen gibt es viel weniger physische, moralische, informatorische Hindernisse und Probleme der Verbindlichkeit als bei gewaltsamen Kampagnen, es können also junge und ältere Menschen, Männer und Frauen, Reiche und Arme, Menschen mit und ohne Handicap, Bauern und Büroangestellte an gewaltlosen Aktionen teilnehmen. Es gibt eine große Bandbreite gewaltfreier Methoden (Demonstrationen, Sit-ins, Verbraucherboykotte, Bummelstreiks), dadurch wird die Teilnahme erleichtert.
Aus der Studie geht auch hervor, dass gewaltfreie Kampagnen in einem Zusammenhang mit demokratischen und friedlichen Gesellschaften stehen. Siege bewaffneter Rebellen führten fast nie zur Schaffung von demokratischen Gesellschaften (unter 4%); schlimmer noch: sie endeten später oft noch in einem Bürgerkrieg. Die Daten zeigen deutlich, dass die Mittel, mit denen die Menschen gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung vorgehen, großen Einfluss auf die Art der Gesellschaft haben, die darauf folgt.
Die über 50 Teilnehmer im Domforum waren sehr beeindruckt, eine lebhafte Diskussion schloss sich an den Vortrag an.